Liebe Interessierte da draußen,
jetzt sitze ich gerade in einer neuen Zelle, im sogenannten Freigängerhaus im offenen Vollzug. Dieser Vollzug kam einfach in den letzten Tagen auf mich zugeflogen, wie so vieles, so meine Wahrnehmung. Was ist das? Das ist ein Haus, ähnlich wie die anderen, nur etwas kleiner, etwas außerhalb des „normalen“ Geländes gelegen, zwar auch umzäunt, aber nicht mit Stacheldraht und hohen Mauern. Freigänger sind die Menschen, die auf der Schwelle zum Entlassen werden stehen und meist irgendwo draußen einen Job haben. Sie haben meist nur noch ein paar Monate zum Absitzen, können aber doch selbständig – meines Wissens mit einfacher Kontrolle – die JVA morgens verlassen und abends nach der Arbeit wieder reinkommen. Die Türen der Zellen werden nicht abgeschlossen, d.h. ich kann die ganze Zeit die Tür offen lassen oder selbstständig wieder zumachen, wenn ich mich zurückziehen will. Die Zelle sieht ähnlich wie alle anderen aus, außer dass sie kein Klo hat. Dazu gehe ich auf den Gang zum gemeinsamen WC.
Mehrere Stunden am Tag und auch in der Nacht ist keine Wache da, d.h. wir sind unter uns Inhaftierten. Mir ist sehr angenehm, wenn ich nicht ständig die Schlüssel höre und die oft sehr lauten Schlösser.. Das heißt für mich, dass ich schon zu den Menschen gehöre, die eine relativ geringe Restabsitzzeit haben. Das fühlt sich weitaus besser an als in den vorherigen Räumen. Auch das Telefonieren von außen nach innen ist in einem bestimmten Rahmen möglich und kann unter uns Inhaftierten mit geregelt werden. Mittlerweile ist der Tagesablauf ziemlich „normal“ und es passiert relativ wenig. Ich bin so dankbar über die vielen Briefe und solidarischen Grüße. Wenn ich einen gelesen habe, würde ich am liebsten gleich darauf antworten, aber es warten mindestens noch 25 Briefe auf Antwort. So schön! Vielleicht mach ich im nächsten Blogbeitrag nur mit Kurzantworten auf die Anfragen und persönlicher Stellungnahmen. Heute möchte ich euch noch von einem Artikel aus der Tageszeitung „Junge Zeit“, die ich seit 3 Tagen als Abo zugeschickt bekam – vielen Dank dafür – schreiben (vom 7.1.2025). Es geht eine aktuelle Antwort von Habeck: „Wir müssen den Etat für Militär und Rüstung auf 3,5% der Wirtschaftsleistung erhöhen“ und die heftige Aussage von Trump, dass die Euroländer sogar auf 5% aufstocken müssen. Das tut weh, welche Entwicklung da sich breit macht. Wer mehr bietet, der gewinnt, komplett auf eine vollkommen andere Friedenspolitik des Ausgleichens, der Solidarität, das Ringen um echte friedliche Lösungen zu suchen.
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