Brief 2 , 20.12.2024

Tagesablauf:

6 Uhr: der Schließer schließt die Tür mit einem „Guten Morgen“ auf. Zeit zum Aufstehen, Anziehen. Frühstück mit am Vorabend zurückgelegtem Essen. Immer Brot und Margarine und Marmelade, Tee. Reinigen der Zelle, Abgabe der Post.

8 Uhr: Hofgang, direkt vor dem Haus, Kareee 30m x 25m, Rundgang auf Steinplatten, eine Runde ca. 100m in einer Stunde 52 Runden, also 5.2 km

9 Uhr: Einschluss in der Zelle

12 Uhr: Mittagessen, Aufschluss bis 13 Uhr

17:30 Uhr: Abendessen, Aufschluss bis 20 Uhr

20 Uhr: Einschluss mit „Gute Nacht“

Mensch kann sich einen Fernseher mieten, ca. 8 EUR/Monat. Mit dem konnte ich die 2-tägige Übertragung aus dem Parlament im Bundestag und heute im Bundesrat live anschauen. Es ging um die Wirtschaft und heute um verschiedene Anträge der Fraktionen. Das war auch mal wieder interessant, wie die einzelnen Fraktionen argumentierten und sich gegenseitig anmachten. Der Wahlkampf hat schon beginnen.

Mir fiel auf, wie mich die Aussagen der Parlamentarier triggerten, nur im Zwang nach mehr Wachstum nach Lösungen zu suchen. Weder von den Grünen noch von den Linken wurde dieses Bild des Wachstums öffentlich hinterfragt. In der Diskussion um den Klimanotstand müsste diese Diskussion dringend geführt werden, da wir aus dieser Wachstumslogik des Kapitalismus aussteigen müssen. Wir haben weder die Resourcen, noch die Energie dafür und brauchen deshalb ein System des Postwachstums und des Degrowth (-> Gesundwachstums).

Da wurde mir klar, wie weit weg die PolitikerInnen sind, wirklich notwendige neue Denkansätze zu verfolgen, um aus der Todesspirale des Klimanotstands, Artensterbens und der Klimaungerechtigkeit raus zu kommen. Das Wort Klimanotstand oder Klimawandel tauchte in den zwei Parlamentssitzungen soviel wie gar nicht auf.

Sehr erschreckend, das tut weh!

Meine Pinnwand sieht mittlerweise schon recht bunt aus: mehrere Postkarten und Bilder von der Mahnwache bringen ein bisschen Leben und Persönlichkeit in mein Zimmer. Heute bekam ich noch ein farbiges A3-Bild mit blühendem Klee und einem Pfauenauge (Schmetterling).

Danke für all die Briefe und Postkarten, die ich von euch bekomme. Es sind schon so viele, dass ich es wahrscheinlich doch nicht schaffe, alle zu beantworten. Schau mer mal! Ich bleibe dran.

Das ist nun die letzte Möglichkeit, euch allen ein schönes und erfüllendes Weihnachten zu wünschen. Wie Weihnachten im Knast gefeiert wird, schreibe ich euch das nächste Mal.

Macht’s gut!

Karl

PS: Es geht mir so weit gut und ich stelle mich auf den Tagesablauf ein.

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