Tagebuch

  • Brief 5, 16.01.2025

    Brief 5, 16.01.2025

    Ihr da draußen,

    ganz aktuell möchte ich auf dem Blog auf eine Dokumentation des Senders „Phönix“ von gestern Abend (15.1) hinweisen:

    In dieser Dokumentation mit dem Titel „Entwicklungen der Demokratien“ oder so ähnlich, werden anhand von Entwicklungen von Ungarn über Italien, Frankreich, Österreich, USA, Ostdeutschland „Illiberale Regime“ vorgestellt. Das hat mir so richtig die Augen geöffnet, an welcher Schwelle wir auch in Deutschland stehen, und welche Entwicklungen auf uns zu kommen werden.

    Wollen wir das auch in Deutschland zulassen? Was stellen wir diesem Versuch, ein solches Regime auch bei uns etablieren, entgegen?

    Für mich stellt sich auch die Frage, wollen wir uns von einer Elite regieren lassen oder wollen die Bürgerinnen dieses Landes selbstbestimmt unser Leben miteinander gestalten? Wenn wir das letztere wollen, sollten wir uns schnellstens zusammensetzen und miteinander überlegen, wie das gehen könnte. Lokal, regional, global.

    Ich habe hier auch ein großes Privileg, ich kann mir meine Zeit selber einteilen, wann ich was tue. So zappe ich einfach willkürlich, ab und zu, im TV und wie das Schicksal manchmal will, komme ich heute Mittag in Phönix zu der Sendung von Anne Will, eine Aufzeichnung von gestern Abend, wo, finde ich, sehr erfahrene Diskutanten dieses Thema Trumpismus, Macht der Technokraten, und wo stehen wir gerade, sehr gut miteinander diskutierten. Ist echt zu empfehlen.

    Vielen Dank, macht es gut

    Karl

  • Brief 4, 15.1.2025 (Teil 3)

    Brief 4, 15.1.2025 (Teil 3)

    Wir haben in 6 Wochen die Chance, in der BRD die Menschen wählen zu können, die erkannt haben, neue Wege weg vom weiter so hin zu einer menschen- und naturüberlebenden Entwicklung zu gehen. Da gibt es leider nicht viele Parteien, die diesen Weg weitestgehend konsequent gehen. Die Meilensteine dieses Survivalweges sind nach meiner Wahrnehmung eine Symbiose folgender Schritte:

    => Umstieg auf eine neue konsequente und schnelle Klimapolitik mit:

    • Weg von fossilen Energien, hin zu Energie aus Sonne und Wind mit Wärmepumpen und Speichern
    • Aufklärung und Entwicklung von Plänen, wie der Energieverbrauch auf allen Ebenen des Verbrauchs, kommunal, Industrie und privat, in Richtung 30-50% reduziert werden kann
    • Entwicklung einer neuen Warenwirtschaftssystem des Postwachstums und Degrowth, mit anderen Leitbildern als im Kapitalismus, schrittweise Auflösung von Kapital- und Machtstrukturen der Großbetriebe in Richtung Mittel- und Kleinbetriebe
    • Entwicklung von intelligenter Mobilität, weg von Individualverkehr hin zu öffentlichem Nah- und Fernverkehr, der flächendeckend ausgebaut wird.
    • Weiterentwicklung der Klein- und mittelgroßen, nach biologischen Gesichtspunkten und tierrechtgerechtenen Kriterien betriebene Landwirtschaft, die dezentral in den Dörfern und um die Klein- und Großstädte angegliedert werden, um die Bevölkerung regional zu versorgen
    • Statt Einfamilienhäuser zu bauen, können brachliegende Industriegebäude zu Wohngemeinschaften und Lebensgemeinschaften umgebaut werden
    • Statt Beton kann Altholz und Neuholz beim Bauen verwendet werden und nur noch Baustoff aus regionalen Materialien
    • Umbau der Autostädte zu Wohnstädte
    • Rückbau der Autobahnen und breiten Straßen zu menschenfreundlichen Lebensflächen
    • Auflösung der immer größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Industriestaaten und Ländern des globalen Südens und Stopp des Neokolonialismus der Schwellenländern und „Entwicklungsländern“
    • Entwicklung von im weitesten Sinn friedensschaffenden Maßnahmen ohne Waffen. Aufrüstung und der Abschreckungspolitik, die weiter Hass und Angst erzeugt, werden die Leitbilder der gewaltfreien Kommunikation nicht nur im persönlichen Rahmen eingesetzt, sondern auch in den zwischenstaatlichen Beziehungen Blockbildungen nicht mehr vorgesehen werden
    • Mit herzlichen Grüßen
    • Karl

    All diese Themen auf die Schnelle und verkürzt dargestellt, bringt mich zu dem Entschluss, weiter die Linke zu wählen, sie versucht, all diese Punkte miteinander zu denken und zu verbinden.

    Mit herzlichen Grüßen

    Karl

  • Brief 4, 15.1.2025 (Teil 2)

    Brief 4, 15.1.2025 (Teil 2)

    Eben hörte ich die Nachricht von dem Urteilsspruch über Trump, der zwar schuldig gesprochen wurde, mit Rücksicht auf sein Ansehen aber für ihn dieser Spruch keinerlei Konsequenzen hat. Wie doch Recht gebogen werden kann und je nach Status unterschiedlich angewandt wird. Das hört sich nicht gut an und lässt die Tür der Willkür offen, was so Trumps sicher ausnutzen.

    Was mich als inhaftierter Klimaaktivist aktuell besonders beschäftigt, ist die Gleichzeitigkeit mit der Meldung, dass jetzt offiziell das völkerrechtlich bindende Ziel von 1.5° C Erderwärmung gerissen ist und die verheerenden Brände in Los Angeles mit Toten, 10 000 verbrannten Häusern und Tausenden von Bäumen und Sträuchern und Tieren und 150 000 Evakuierungen bis jetzt. Welches Leid und Traumatas werden hier aufgrund der Ignoranz des Klimanotstands verursacht. Nach aktuellen Infos können die Brände nicht schnell gelöscht werden, d.h. das Sterben geht weiter, nicht nur in Los Angeles.

    Welche Konsequenzen werden daraus gezogen? Wahrscheinlich immer noch keine und die ersten Schuldigen werden ja schon benannt, um auf das Versagen eigener Untätigkeit abzulenken und einer dieser Menschen wird demnächst Präsident der USA und leugnet meines Wissens immer noch den Klimawandel, weshalb jetzt intensiv fossile Energien weiter gefördert und verbrannt werden. Das tut weh!! Widerstand?!!

  • Brief 4, 15.1.2025 (Teil 1)

    Brief 4, 15.1.2025 (Teil 1)

    Hallo Ihr da draußen,

    Bei uns war der Jahreswechsel wenig spektakulär. Die Zellentüren wurden wie an jedem Abend um ca. 20 Uhr geschlossen und im neuen Jahr morgens um 8:00 Uhr wieder geöffnet – das war es.

    Dadurch, dass die 4-stöckigen Gebäude in U-Form mit der offenen Seite Richtung Kempten ausgerichtet sind, hat sich der Lärm aus Kempten „echoisiert“ und der Lärm der Kracher war entsprechend laut. Ab so gegen 1-2 Uhr legte sich dieser. Was mir ermöglicht hat, einschlafen zu können.

    Für mich hat das Jahr, was die Rahmenbedingungen anbelangt, Entspannung gebracht. Seit ein paar Tagen bin ich in den offenen Vollzug in ein anderes Gebäude umgezogen. In diesem Haus leben die „Freigänger“, die nachts weiter hier schlafen, und tagsüber draußen bei der Stadt oder in Betrieben arbeiten. Sie sind meist nur noch ein paar Monate inhaftiert, bevor sie entlassen werden. In Vorbereitung für das Leben draußen sind hier die Vorgaben und Regeln/Vorschriften nicht so streng wie vorher, z.B heißt offen, die Zellentüren werden nicht abgeschlossen, haben also ganz normale Türklinken.

    Ich kann die Türe zumachen oder offen lassen., so wie ich’s gerade brauche. Morgens gegen 5:30 Uhr öffnet ein Wächter mit einem „guten Morgen“ die Türe, dann kann ich mich wieder umdrehen und weiterschlafen, abends gegen 20 Uhr geschieht das Gleiche.

    Mich hat das laute Auf- und Zuschließen oft genervt, in dem anderen Haus und ich bin jetzt froh, dieses Geräusch fast nicht mehr hören zu müssen. Das hört sich im ersten Augenblick nach einer Kleinigkeit an, wenn es dich aber was nervt, warum auch immer, kann es doch sehr nervig werden.

    Da die Freigänger tagsüber nicht da sind, ist es recht ruhig im Gang, was mir sehr entgegenkommt. Wenn ich aus dem Fenster rausschaue, kann ich zwar auch Gitter entdecken und einen ca. 5m hohen Zaun, aber ohne Stacheldraht und ohne hohe Mauer.

    Hinter dem hohen Zaun befindet sich eine kleine Zugangsstraße zu einem Parkplatz für die Autos der Beschäftigten der JVA. Und hinter der Stichstraße stehen Bäume und Sträucher.

    Das macht was mit einem, nicht mehr nur die mit Gittern versehenen Gebäudewand zu sehen, sondern auch wieder Bäume und Sträucher. Von dem her gab es einen sehr kleinen Schritt in die richtige Richtung im neuen Jahr. Noch sind es 17 Wochen, die ich noch absitzen muss.

  • Brief 3, 29.12.2024 (Teil 2)

    Brief 3, 29.12.2024 (Teil 2)

    Hallo Ihr,

    Ja, ich leiste mir für ca. 19 EUR im Monat einen Fernseher. Es ist wie mit vielen Sachen, die Mensch so hat, dass es darauf ankommt, wie Mensch damit umgeht. Mir ermöglicht dies neben Briefe lesen und schreiben und Bücher zu lesen, mich auf den aktuellen Stand des weltweiten Geschehens zu bringen, aber auch über Sender wie Arte und Phönix Dokumentationen und auch mal einen Spielfilm anzuschauen. Da ich ein Liebhaber von Sport allgemein und speziell auch Wintersport bin, erfreue ich mich an den Übertragungen. So ermögliche ich mir „das beste daraus zu machen“, ohne abgestumpft und leer und frustriert nach 5 Monaten wieder raus zu kommen.

    Es gibt hier einen Ordner mit all den Büchern, die Mensch aus der Bibliothek ausleihen kann. Zur Zeit lese ich eines über Gandhi und „Selbst denken – eine Anleitung zum Widerstand“. Ich war auch überrascht, als ich das entdeckte. Grundsätzlich habe ich mir vorgenommen, eher eine beobachtende Rolle hier einzunehmen, als eine aktive auf was zugehende. Das ermöglicht mir, Situationen eher zu erspüren und zu merken, was bei mir in eine positive oder distanzierende Resonanz kommt. So mache ich das auch mit den Kontakten zu den Inhaftierten, wo ich sehr zurückhaltend bin und Situationen eher kommen lasse, z.B. bei Kontakten beim Tischtennisspielen oder bei Tausch von Lebensmitteln mit dem Zimmernachbarn. Mir ist klar, dass ich es mit Menschen zu tun habe, die mehrere Jahre hier sind oder waren. Da haben sich bei dem einen oder anderen Gewohnheiten eingeschlichen, in die ich nicht eingreifen will. Jemand hat mir erzählt, dass er schon 17 Jahre im Knast war. Das hat mich dann doch etwas geschockt.

    Jetzt über die Feiertage sind auch die arbeitenden Inhaftierten mit beim Rundgang dabei. Auf unserem Innenhof sind es dann ca. 50-60 Personen. Ein großer Teil ist so zwischen 25-30 Jahre alt. Der Rest verteilt bis 45 Jahre. Über 60 Jahre gibt es so viel wie niemanden. Die Schließer sind meist auch jünger wie 40 Jahre und es gibt auch ein paar jüngere Schließerinnen.

    Ein weiteres Highlight kann das Essen sein. „Vegan is nicht“ war die Aussage. Auch über einen Antrag auf veganes Essen kam von einem Schließer, der auch in der Küche arbeitet, die Aussage, dass dies hier nicht möglich ist.

    Gegen meine Gewohnheiten, kein Brot zu essen, hatte ich das doch versucht, da es abends und morgens nur Brot mit Käse oder Marmelade gibt. Ich habe das nicht vertragen, egal welches Brot, und esse zur Zeit nur Mittagessen weitestgehend vegan. Da ich abends wenigstens ein wenig essen will, vor allem auch ballaststoffreiche Nahrung, habe ich mir beim Einkauf jetzt Müsli und Reismilch bestellt. Ich werde da weiter versuchen, an dem Thema vegane Ernährung auch im Knast, dran zu bleiben. Schau mer mal.

    Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr 2025 und möge es bei euch gut beginnen!

    Karl

  • Brief 3, 29.12.2024 (Teil 1)

    Brief 3, 29.12.2024 (Teil 1)

    Hallo Ihr,

    ich hoffe, ihr hattet alle ein paar schöne Feiertage und konntet im Kreise eurer Familie etwas Ruhe einkehren lassen.

    Bei mir hat sich nach 2 Wochen auch so eine Art Alltag, Regelmäßigkeit eingestellt. Die Tage waren sehr entspannt, weil auch die Menschen hier sehr entspannt waren.

    Weihnachten im Knast ist nicht sehr aufregend: Gottesdienst in einem Versammlungsraum der JVA mit Christbaum und klassischer Musik (nicht live) und eine Tüte mit Weihnachtsplätzchen, Schokolade und Kaffee, gespendet von der evangelischen und katholischen Kirche am Heiligen Mittag waren hier die Zeichen, die auf Weihnachten hinweisen. Für mich war das passend für dieses Jahr. Sehr angenehm war das schöne Wetter. So konnte ich doch wenigstens eine Stunde am Tag die warmen Sonnenstrahlen genießen.

    Im Innenhof des Rundgangplatzes sind zwei Tischtennisplatten aufgestellt, wo wir abwechselnd spielen können. Das sind eine der Highlights des Tages, wenn ein Platz frei wird.

    Vielen Dank für eure Briefe und Postkarten, die weitere Highlights am Tag sind. Es freut mich sehr, mich mit euch auf diesem Weg zu verbinden. Leider schaffe ich aktuell noch nicht, alle Briefe zu beantworten, sind zu viele, was mich natürlich freut. Manche wollen wissen, wie meine Zelle so aussieht:

    Meine Zelle ist 5m lang und 2m breit, wenn ich die Stahltür von der Gangseite öffne, sehe ich vor mir ein relativ breites Fenster, das „normal hoch“ ist, und zusätzlich noch dicke Metallstäbe als Gitter. Auf der rechten Seite des Raumes steht ein zweitüriger Kleiderschrank mit blauen Türen; anschließend ein Holzbett mit Matratze, die auf einem Holzbrett liegt. Auf der linken Seite ist eine Toilette fest eingebaut mit Türe.

    Anschließend ist ein Handwaschbecken an der Wand mit Spiegel angebracht. Rechts davon steht mein Fernseher auf einem ca. 1,20 m breiten und 80cm hohen Regal, wo alle meine Schreibutensilien untergebracht sind. Als Schreibplatz schließt sich eine blaue Platte bis zur Fensterfront an. Das Fenster kann mit dem blauen Vorhang verdunkelt werden. Das ganze hat also den Charakter eines Zimmers einer Jugendherberge.

    Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich den Innenhof, wo wir täglich eine Stunde unseren Rundgang machen können und in voller Front dann ein weiteres hohes und breites Gefängniswohngebäude. Um noch was anderes zu sehen als Gebäude und Gitterstäbe, muss ich an die Ecke schauen. Dann kann ich über einen Teil von Kempten schauen und im Hintergrund sogar die Alpen erkennen. Der Innenhof ist von drei Seiten mit hohen Gebäuden abgegrenzt und die vierte Seite mit einer sehr hohen Mauer mit Stacheldraht und davor noch zwei hohe Zäune mit Stacheldraht.

  • Brief 2 , 20.12.2024

    Brief 2 , 20.12.2024

    Tagesablauf:

    6 Uhr: der Schließer schließt die Tür mit einem „Guten Morgen“ auf. Zeit zum Aufstehen, Anziehen. Frühstück mit am Vorabend zurückgelegtem Essen. Immer Brot und Margarine und Marmelade, Tee. Reinigen der Zelle, Abgabe der Post.

    8 Uhr: Hofgang, direkt vor dem Haus, Kareee 30m x 25m, Rundgang auf Steinplatten, eine Runde ca. 100m in einer Stunde 52 Runden, also 5.2 km

    9 Uhr: Einschluss in der Zelle

    12 Uhr: Mittagessen, Aufschluss bis 13 Uhr

    17:30 Uhr: Abendessen, Aufschluss bis 20 Uhr

    20 Uhr: Einschluss mit „Gute Nacht“

    Mensch kann sich einen Fernseher mieten, ca. 8 EUR/Monat. Mit dem konnte ich die 2-tägige Übertragung aus dem Parlament im Bundestag und heute im Bundesrat live anschauen. Es ging um die Wirtschaft und heute um verschiedene Anträge der Fraktionen. Das war auch mal wieder interessant, wie die einzelnen Fraktionen argumentierten und sich gegenseitig anmachten. Der Wahlkampf hat schon beginnen.

    Mir fiel auf, wie mich die Aussagen der Parlamentarier triggerten, nur im Zwang nach mehr Wachstum nach Lösungen zu suchen. Weder von den Grünen noch von den Linken wurde dieses Bild des Wachstums öffentlich hinterfragt. In der Diskussion um den Klimanotstand müsste diese Diskussion dringend geführt werden, da wir aus dieser Wachstumslogik des Kapitalismus aussteigen müssen. Wir haben weder die Resourcen, noch die Energie dafür und brauchen deshalb ein System des Postwachstums und des Degrowth (-> Gesundwachstums).

    Da wurde mir klar, wie weit weg die PolitikerInnen sind, wirklich notwendige neue Denkansätze zu verfolgen, um aus der Todesspirale des Klimanotstands, Artensterbens und der Klimaungerechtigkeit raus zu kommen. Das Wort Klimanotstand oder Klimawandel tauchte in den zwei Parlamentssitzungen soviel wie gar nicht auf.

    Sehr erschreckend, das tut weh!

    Meine Pinnwand sieht mittlerweise schon recht bunt aus: mehrere Postkarten und Bilder von der Mahnwache bringen ein bisschen Leben und Persönlichkeit in mein Zimmer. Heute bekam ich noch ein farbiges A3-Bild mit blühendem Klee und einem Pfauenauge (Schmetterling).

    Danke für all die Briefe und Postkarten, die ich von euch bekomme. Es sind schon so viele, dass ich es wahrscheinlich doch nicht schaffe, alle zu beantworten. Schau mer mal! Ich bleibe dran.

    Das ist nun die letzte Möglichkeit, euch allen ein schönes und erfüllendes Weihnachten zu wünschen. Wie Weihnachten im Knast gefeiert wird, schreibe ich euch das nächste Mal.

    Macht’s gut!

    Karl

    PS: Es geht mir so weit gut und ich stelle mich auf den Tagesablauf ein.

  • Brief  1, 18.12.2024

    Brief 1, 18.12.2024

    Hallo ihr da draußen.

    2 Tage sind nun vergangen, seit der beeindruckenden Mahnwache am Montag und ich konnte noch nicht zur Feder greifen. Diese bunte VertreterInnen so verschiedener Umwelt- und sozialer Gruppen machten deutlich, wie breit das Spektrum ist, in dem wir uns im Protest als auch im Gestalten einer neuen Gesellschaft bewegen.

    Boris erklärte anhand von Gandhis Widerstand die Kriterien des zivilen Ungehorsams, des gewaltfreien Widerstandes, auf deren Grundlagen ich meine Aktionen auf den Passauer Straßen machte.

    Dass über 50 FreundInnen zu dieser Verabschiedung mit Singen und Mitteilen bei einer Mahnwache kamen, hat mich die letzten 2 Tage getragen.

    Erst jetzt komme ich langsam so vorsichtig hier in der JVA an. Heute gab es die ersten Treffen mit dem Sanitäter, dem Arzt der Sozialbetreuung und der JVA-Psychologen, bei denen ich all meine Wünsche vortragen durfte, z.B. vegane Ernährung, die bis jetzt hier noch nicht vorgesehen ist, ein Abend­essen ohne Brot, weil ich das nicht gut vertrage, und Bücher und Adressheft aus dem Depot, in das alle meine Sachen bis auf Brille und Briefmarken eingeschlossen wurden.

    Über sogenannten Anträge kann ich diese Wünsche alle nochmals schriftlich einreichen. Auf deren Antwort warte ich noch. Damit sind alle meinen persönlichen Dinge, auch alle Kleidungsstücke im Depot.

    Die Stimmung hier im Knast ist relativ entspannt. Einer der Schließer vermittelte mir, dass sie es anstreben, achtsam mit einander umzugehen, dann entstünden auch keine Stresssituationen. „Hört sich gut an“ war meine Reaktion, später mehr, ob das alles wirklich so ist.

    In den ersten 2 Tagen habe ich sehr viel geschlafen. War wohl nötig. Die ersten Runden im Innenhof der Gebäude drehte ich heute. Eine Stunde vormittags können wir uns dort bewegen – umgeben von 3 hohen grauen Gebäuden und zwei hohen Drahtzäunen mit Stacheldraht und Betonmauer. Keine so prickelnde Umgebung, eher integriert im Beton als in der Natur. Eben bekam ich einen Anruf von meiner Rechtsanwältin, die sich nach meinem persönlichen Befinden fragte und ob sie mich aktuell bei irgendwas unterstützen könnte. Soweit ist alles ok, was auch so bleiben kann.

    Macht’s gut – bis zum nächsten Brief

    Karl

  • Karls Statement auf der Mahnwache

    Karls Statement auf der Mahnwache

    Das habe ich am Montag, 16, 12.2024 vor den Toren der JVA-Kempten bei einer Mahnwache als mein Statement zur Inhaftierung vorgebracht.

    Why – 5 Monate Haft

    Ja, ich kann nicht mehr damit leben, dass unsere Lebensgrundlagen und die der zukünftigen Generationen willkürlich zerstört werden.

    Es macht mich wütend, dass sich so viele Menschen an der Not von Menschen bereichern und dies sogar von den politischen Entscheidern unterstützt wird.

    Als 69-jähriger habe ich das Leben genießen dürfen, diesen Genuss wird der jungen Generation mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in dieser Form zukünftig vorenthalten. Deshalb fühle ich mich genötigt, mit anderen Menschen der letzten Generation öffentlichkeitswirksam ein klares Stopp an Politik und Gesellschaft zu richten:

    Stopp, so können wir nicht mehr weitermachen, im Bereich des Klimawandels, der Klima­gerechtigkeit und des Artensterbens. Deshalb habe ich mich u.a. mit mehreren Menschen zwei mal auf die Straßen in Passau gesetzt.

    Der Richter des Amtsgerichts Passau verurteilte mich zu 5 Monaten Haft. Auch er erkannte – wie viele anderen Menschen – nicht, dass die Häuser brennen.

    Wenn wir uns und die Menschen in den brennenden Häusern retten wollen, müssen wir jetzt handeln, auch mit Aktionen des zivilen Ungehorsams, da die PolitikerInnen immer noch die falschen Entscheidungen treffen. Die Haftstrafe sitze ich ab heute hier in dieser Justizanstalt Kempten ab. Die Lösungen liegen auf der Hand. Wir müssen diese nur noch gegen die Lobbyisten und Helfeshelfer der PolitikerInnen gemeinsam durchsetzen.

    Gemeinsam schaffen wir es, komm mach mit!

    Mehr unter www.letztegeneration.org

  • Ankündigung Mahnwache

    Ankündigung Mahnwache

    am Montag, den 16.Dezember von 14:00 Uhr bis 15:00 Uhr findet in der Nähe der JVA eine Mahnwache der Letzten Generation statt. Karl muss sich um 15:00 Uhr in der JVA einfinden.

    Pressebericht: Allgäuer Zeitung